Senolyse und krebs: Therapeutische perspektiven

05 - 11 - 2021

Abgesehen von der replikativen Seneszenz, die auf die Verkürzung der Telomere bei jeder Mitose zurückzuführen ist, kann die Seneszenz auch durch Stress wie oxidativen, metabolischen, genotoxischenoder onkogenen Stress vorzeitig ausgelöst werden. Im Gegensatz zur Quieszenz – einem reversiblen Stillstand des Zellzyklus – ist die Seneszenz durch einen stabilen, im Wesentlichen irreversiblen Stillstand des Zellzyklus sowie durchmorphologische Veränderungen, metabolische Anpassungen und ein besonderes Sekretionsprofil gekennzeichnet, die letztlich zur Veränderung der Gewebehomöostase beitragen. Obwohl sie während des gesamten Lebens eine tumorunterdrückende Rolle spielt, ist die Seneszenz in ihrer chronischen Form paradoxerweise einschädlicher Prozess, der in Ermangelung einer angemessenen Immunantwort potenziell tumorerzeugend ist.

Genotoxische Krebstherapien, wie bestimmte Chemo- oder Strahlentherapien, können je nach Dosierung sowohl die vorzeitige Seneszenz von Krebszellen (und damit ihre Stabilisierung) als auch ihre Selbstzerstörung durch Apoptose (und damit ihre Reduktion) auslösen, wobei die Seneszenz vorzugsweise durch niedrige Dosen ausgelöst wird. Die auf diese Weise herbeigeführte Seneszenz kann jedoch zu einer Resistenz gegen die Behandlung führen, da der seneszente Zustand mit einer Resistenz gegen Apoptose verbunden ist. Außerdem gelingt es einigen Krebszellen, diesen Zustand der Seneszenz zu überwinden und ihre Fähigkeit zur Vermehrung wiederzuerlangen, was zu Rückfällen führt, die oft schwer zu behandeln sind.

Die Induktion der Seneszenz als Krebstherapie ist jedoch wichtiger denn je. Es ist in der Tat möglich, sie zu nutzen, um die Wirksamkeit von niedrig dosierten Behandlungen zu erhöhen und gleichzeitig deren Nebenwirkungen zu verringern. Derzeit werden große Forschungsanstrengungen unternommen, um kombinierte Therapien zu entwickeln, bei denen eine senomorphe Behandlung, die darauf abzielt, die Krebszellen seneszent zu machen, von einer senolytischen Behandlung gefolgt wird, die speziell darauf abzielt, die Krebszellen zu eliminieren, um so einen Rückfall oder eine Metastasierung zu vermeiden. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieses Ansatzes ist die gleichzeitige Eliminierung seneszenter, nicht krebsartiger Zellen und damit der schädlichen Auswirkungen ihres Sekretoms.

Zur Beseitigung alternder Krebszellen können verschiedene Strategien angewandt werden. Eine davon besteht darin, ihre Resistenz gegen pro-apoptotische Signale und insbesondere das anti-apoptotische Protein Bcl-2 zu bekämpfen. Hemmstoffe dieser Art gibt es bereits. Ansatz besteht darin bestimmtenmetabolischen Anpassungen dieseralternden Zellen entgegenzuwirken, wie z. B. dem Auftreten eines hyperkatabolischen und glykolytischen Phänotyps nach der Behandlung. Kompetitive Hemmstoffe der Glykolyse wie 2-Desoxyglukosewurden bereits zu diesem Zweck eingesetzt. Eine weitere mögliche Strategie besteht schließlich darin, die schädlichen Auswirkungen ihres Sekretoms auf die Mikroumgebung des Gewebes zu blockieren. Diese verschiedenen Ansätze bieten echte Perspektiven für therapeutische Interventionen.

Parallel dazu zielen andere Forschungsarbeiten darauf ab, neue Ziele und neue natürliche oder synthetische Wirkstoffe für künftige senotherapeutische Behandlungen zu finden.

 

Warnung :Diese Informationen dienen nur der Orientierung und sind kein Ersatz für eine medizinische Beratung.

 

Referenzen :

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